Sponsoring hat ein Imageproblem

Nein, ich bin kein Fan von Volkswagen. Deswegen schreibe ich hier nicht über VW. Es gibt genug Gründe, den Autobauer nicht zu mögen: Einer ist sicherlich, dass bei meinem Golf gerade nach 120 000 gefahrenen Kilometern der Motor “PUFF” machte und für immer seinen Betrieb einstellte. Ein anderer ist der Diesel-Skandal. Die Diskussionen und Berichterstattung dazu zeigten etwas, auf das ich hier eingehen will: Wie es um den Stellenwert von Sportsponsoring bestellt ist. Nicht gut.

Nachdem bekannt wurde, dass auf VW wegen des Diesel-Skandals Kosten in Milliarden-Höhe zukommen können, mutmaßten sogleich Medien, ob in der Folge die Investitionen für Sportsponsoring herunter gefahren werden. Auch mir kam spontan der Gedanke: Sparzwang addiert mit dem Rücktritt von Martin Winterkorn, der als VW-Chef weit mehr für den Sport tat als sein Vorgänger Ferdinand Piech, könnte bedeuten, dass VW weniger für Sponsoring ausgibt.

Es stimmt, Volkswagen hat viel Geld in Sponsoring gesteckt und in den vergangenen Jahren wurde das immer mehr. 17 Klubs soll VW allein in der 1. und 2. Bundesliga sponsorn (manche Medien sprechen sogar von 19; das Nachzählen habe ich mir gespart). Den besten Deal machte VW dabei aus meiner Sicht mit dem Ärmelsponsoring beim DFB-Pokal. Das verschaffte dem Autobauer eine einmalige und nicht übersehbare Präsenz auf allen Trikots der teilnehmenden Mannschaften. Das VW-Logo auf dem Ärmel jedes Teams (auch bei denen, die von anderen Autoproduzenten wie Eintracht Frankfurt mit Alfa Romeo gesponsert werden) sowie zusätzliche Werberechte für angeblich fünf Millionen Euro pro Jahr. Vergleicht man das mit einem in etwa ebenso teuren Hauptsponsoring bei einem Bundesligisten der Marke Hertha BSC ist das für mich ein klarer Fall: Das ist das Geld wert! Auch von anderen in der Branche habe ich positive Meinungen gehört.

VW ist also extrem präsent im Sport. Mehr Sportsponsoring scheint kaum mehr möglich, das kann man so sehen. Insofern liegt der Gedanke nah, zu fragen, ob VW das Sponsoring runterfährt. Und es verwunderte nicht, dass es irgendwann eine Zeitung schaffte, ein Zitat vom neuen VW-Chef dazu einzuholen: „Wir drehen jeden Stein um und werden uns auch das ansehen“, hatte Matthias Müller auf die Frage der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ geantwortet, ob das VW-Engagement im Fußball zur Disposition stehe.

Eigentlich eine Aussage wie die eines Politikers. Nicht festlegend, auslegbar. Dennoch werteten viele Medien sie als Beweis für ihre Berichte, nach denen VW beim VfL Wolfsburg oder generell beim Sponsoring sparen werde. Befeuert wurde diese Deutung durch Nachrichten, dass der Vertrag als Ärmelsponsor des DFB-Pokals nicht verlängert und die Nachwuchsakademie des VfL erstmal nicht weiter ausgebaut werden soll.

Interessanterweise las ich in kaum einem Artikel der vielen Zeitungen und Magazine, die sich sonst so gut wie nie mit Sponsoring beschäftigen, sich jetzt aber alle auf dieses Thema stürzten, dass Sponsoring auch seinen Nutzen für VW hat. Oder wie schmerzhaft der Verzicht auf das Ärmelsponsoring aus marketing-technischer Sicht für VW ist.

Und so gut wie nirgends stand etwas dazu, dass VW bei der klassischen Werbung zum Beispiel in TV, Print und Radio sparen könnte. Und nicht nur beim Sponsoring. Allein bei „W&V” äußerte sich ein Werbefachmann, dass die Wolfsburger ihre Werbung insgesamt zurückfahren sollten. Jedoch war dieser Rat eher für das Krisenmanagement gedacht.

292 Millionen Euro für klassische Werbung

VW investiert wie beim Sponsoring auch in die klassische Werbung so viel Geld wie kein anderer Autobauer. Seit vielen Jahren schon. Das belegen die Zahlen des Marktforschungsunternehmens Nielsen für das Jahr 2014: Kein Autokonzern hält bei Schaltungen in Fernsehen, Hörfunk, Zeitungen, Publikums- und Fachzeitschriften, Kino, Außenwerbung und Internet mit VW mit. Mit einem Werbeetat von 292 Millionen Euro (nur für den deutschen Automarkt wohlgemerkt) liegen die Wolfsburger auf Platz eins, gefolgt von Daimler (ohne Smart) mit 176 Millionen Euro. Auf Platz drei liegt Ford (147 Millionen Euro), auf Platz vier BMW (143 Millionen Euro ) und Audi (139 Millionen Euro) auf Platz fünf.

Die größten Umsätze wurden erneut bei Fernsehwerbung verbucht. 860 Millionen Euro gab die Kfz-Branche im TV aus. 2012 waren es 839,7 Millionen Euro. Zum Vergleich: In der Saison 2012/13 (neuere Zahlen liegen mir nicht vor) haben die Autobauer nach Schätzungen des Meinungsforschungsunternehmens Repucom in Deutschland rund 150 Millionen Euro in Sportsponsoring investiert. Eine enorme Differenz.

Und doch ist nur von Sparen beim Sponsoring zu lesen. Stellt sich die Frage, warum. Weil es interessanter für die Medien ist, zu schreiben, dass VW in der Bundesliga spart? Ist es gar eine Neid-Diskussion, im Sinne von: warum steckt VW in so schweren Zeiten sein Geld weiter in die reiche Bundesliga und ihre Klubs?

Oder lautet die Antwort, dass am Nutzen klassischer Werbung weniger gezweifelt wird als an dem von Sponsoring? Dass viele Menschen glauben, man könne eher bei Sponsoring sparen als bei klassischer Werbung? Auf mich wirkt es so. Für die in der Sportbusinessbranche, die von der Werbegattung Sponsoring leben, sollte das eine schmerzliche Erkenntnis sein. Sponsoring scheint offensichtlich noch immer ein Imageproblem zu haben und weniger akzeptiert zu sein als klassische Werbung.

Seltsam, dass ich kaum Stimmen vernommen habe (bis auf wenige Ausnahmen), die den Wert von Sponsoring verteidigen. Eigentlich hätte sich zum Beispiel die Vereinigung Sportsponsoring-Anbieter (VSA) lauthals zu Wort melden müssen. Aber dass die Sportbusinessbranche in puncto Lobbyismus und Werbung für sich selbst etwas schläft, ist ja nichts Neues.

(Bildquelle: Julian W.  / pixelio.de)

 

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