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Deutsche Sportlotterie: Förderung clever erweitert
Die Deutsche Sportlotterie hat ihr Konzept zur Förderung des deutschen Sports überarbeitet und will nicht nur Spitzenathleten unterstützen, sondern auch den Breitensport. Ein cleverer Schachzug, vor allem weil es sich eigentlich um ein Provisionsmodell handelt.*
In der Rhenanus-Schule von Bad Sooden-Allendorf im idyllischen Werra-Tal in Hessen fühlte es sich Anfang Dezember an, als sei das Weihnachtsfest 2014 um über zwei Wochen vorverlegt worden. Zunächst wurden Rucksäcke von Adidas mit Aufdruck der Deutschen Sportlotterie an die Schüler verschenkt. Dann gab es eine Autogrammstunde inklusive Fotosession mit den Olympiasiegern Robert Harting (siehe Foto Startseite), Lena Schöneborn und Julius Brink und schließlich gesellte sich noch Henry Maske dazu, um in der gerammelt vollen Aula der Schule den Worten von Gerald Wagener (Foto links) zu lauschen.
Der geschäftsführende Gesellschafter der Deutschen Sportlotterie hatte nämlich noch eine interessante Nachricht mitgebracht: Der Schulsportclub Bad Sooden-Allendorf sei der erste Verein Deutschlands, der sich für das neue Vereinsförderprogramm der Deutschen Sportlotterie registriert habe, verkündete Wagener. Seit Ende Januar, als die Lotterie ihren Spielbetrieb aufgenommen hat, wird somit bei jedem Online-Kauf eines Loses und der Angabe des Codes 000.001 der SSC Bad Sooden-Allendorf unterstützt. Von den drei Euro, die ein Sportlotterie-Los kostet, würden 24 Cent an den Verein gehen. Egal ob das Los gewinnt oder nicht.
Da mit 32 Prozent zudem noch ein großer Teil der Einnahmen der Sportlotterie an die Sporthilfe fließt, die damit Deutschlands Spitzenathleten unterstützen will, gebe es nur Gewinner, sagte Wagener weiter – „im Breiten- wie auch im Spitzensport“.
Sachmittel oder Geld für Breitensport
Für die registrierten Vereine bestünde zudem die Möglichkeit, nach einem Jahr zu wählen, ob das angewachsene Guthabenkonto ausgezahlt oder es in Sachmittel wie beispielsweise Sportbekleidung und Trainingsausrüstung umgewandelt werden soll. Mithilfe der Partner der Deutschen Sporthilfe könnten auf diesem Wege die Vereine Sachmittel erhalten mit einem Gegenwert, der doppelt so hoch ausfalle wie die Summe auf dem Guthabenkonto. Bei 5000 Euro auf dem Guthabenkonto bekäme ein Verein also Sachmittel im Wert von 10 000 Euro.
In der Aula der Rhenanus-Schule kamen diese Erläuterungen so gut an, als seien es Worte der Verheißung auf bessere, weniger darbende Zeiten. Die Schulleiterin und 1. Vorsitzende des SSC Bad Sooden-Allendorf, Christina Linke, bedankte sich bei Wagener für die „wundervolle Idee“ des Vereinsförderprogramms. Sie rief alle Anwesenden dazu auf, so stark wie möglich für die Sportlotterie zu werben und Online-Lose zu kaufen. Denn finanziell stünde der SSC nicht gerade gut da und der Verein bräuchte „dringend ein neues Auto“.
Die Begeisterung der Menschen in Bad Sooden-Allendorf für die Idee Wageners ist nachvollziehbar: Endlich kommt mal einer, mit dessen Hilfe notorisch klamme Sportvereine neue Geldquellen erschließen können. So etwas kommt nicht oft vor, erst recht nicht in einem 8000-Seelen-Örtchen, das zu den am höchsten verschuldeten Kommunen Deutschlands zählt.
Vereine kurbeln Los-Verkauf an
Allerdings schienen die in der Schul-Aula Anwesenden wie Rektorin Linke etwas Wesentliches übersehen zu haben: Das Vereinsförderprogramm der Deutschen Sportlotterie ist zwar ein cleverer Schachzug, um den Verkauf von Losen anzukurbeln und die Kritik zu entkräften, dass die Lotterie dem Breitensport schade, da es Kunden des Breitensport fördernden Deutschen Toto- und Lottoblocks abspenstig mache. Für die meisten Vereine, die sich bei der Deutschen Sportlotterie registrieren, dürfte es sich jedoch kaum auszahlen.
Jedenfalls nicht in dem Maße, wie es sich zum Beispiel Frau Linke erträumt, die von der Beteiligung an den Erlösen der Sportlotterie ein neues Auto für den SSC anschaffen möchte. Eine einfache Rechnung zeigt das beispielhaft: Die Annahme vorausgesetzt, dass dem SSC ein Kleinwagen ausreichen würde, der per Barkauf 10 000 Euro kosten würde, müssten insgesamt 41 667 Online-Lose für je drei Euro mit dem Code 000.001 gekauft werden. Das wären 125 000 Euro, die die Unterstützer des SSC Bad Sooden-Allendorf in Online-Lose der Sportlotterie stecken müssten. Damit dann am Ende ein neuer Kleinwagen im Wert von 10 000 Euro angeschafft werden könnte. Insbesondere in einem Ort mit nur knapp über 8000 Einwohnern scheint das schwer vorstellbar. Zumal Sportvereine meistens eher Kleinbusse als Kleinwagen zum Transport der Nachwuchssportler benötigen. Und die kosten deutlich mehr als 10 000 Euro.
Natürlich kann man sich der Meinung von Wagener anschließen, dass das bisherige System zur Förderung des deutschen Sports dringend jede Hilfe gebrauchen kann. Und dass Sportvereine wie der SSC Bad Sooden-Allendorf weitaus größere Chancen haben, über das Vereinsförderprogramm an neue Gelder zu kommen als über die herkömmlichen Wege wie etwa einen Spendenaufruf. „Weil einfach der Anreiz etwas Gutes zu tun und vielleicht noch selbst zu gewinnen, größer ist, als wenn man nur etwas Gutes tun soll“, wie Wagener es erklärt.
Provisionsmodell auch eine Wohltat für den Breitensport?
Letztlich ist es wohl aber eine Frage der Perspektive und der eigenen Weltsicht, ob man das Vereinsfördermodell der Deutschen Sportlotterie als Wohltat für den Breitensport ansieht oder eher als cleveres Provisionsmodell zur Steigerung des Umsatzes mit einem überschaubaren Effekt für die registrierten Vereine.Immerhin: Je mehr verkaufte Lose, desto mehr Unterstützung für die Haupt-Nutznießer der Sportlotterie, die Spitzensportler. Gemäß des Verteilungsschlüssels der Erlöse der Deutschen Sportlotterie erhält der Spitzensport 32 Prozent – also viermal so viel wie die registrierten Vereine. Ebenfalls 32 Prozent werden an die Spieler ausgeschüttet, etwa 17 Prozent wandern an den Fiskus und elf Prozent an die „Deutsche Sportlotterie gemeinnützige GmbH“ – zur Deckung der „tatsächlichen Aufwendungen“ wie es auf der Homepage heißt.
Insofern kann man Lotterie-Geschäftsführer Wagener also durchaus zustimmen, wenn er behauptet, es gibt – inklusive seiner eigenen Person – nur Gewinner.
* Dieser Artikel wurde in einer leicht modifizierten Version in der Februar-Ausgabe des Fachmagazins Sponsors veröffentlicht.
(Bildquelle: Deutsche Sportlotterie)
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