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DOSB: Der Anfang ist gemacht
Ich beginne das neue Jahr hier mit einem Rückblick auf die Mitgliederversammlung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), die im Dezember stattfand und auf der wichtige Weichen gestellt wurden. Denn der Präsident des DOSB, Alfons Hörmann, hat es geschafft: Die Mitgliederversammlung hat einer Reform der Satzung zugestimmt. Warum ich hier noch einmal auf ein Ereignis im Dezember eingehe? Erstens weil mit der Reform 2015 die Erneuerung der Strukturen im deutschen Sport weiter gehen kann. Und weil zweitens meiner Kenntnis nach kein anderer Journalist so detailliert darüber berichtet hat. (Das ist kein Selbstlob, sondern eine Feststellung.) *
Im Internationalen Congress Center am schönen Elbufer von Dresden gelegen, gab es diesen kleinen Moment des persönlichen Triumphs für Alfons Hörmann. Gerade eben war die Mitgliederversammlung beendet worden, auf der Hörmann mit 100 Prozent der Stimmen für vier Jahre zum Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) wiedergewählt worden war. Diese eindrucksvolle breite Rückendeckung war aber nicht der einzige Grund, warum der 54-jährige Unternehmer mit seinen Kollegen aus dem Präsidium auf ein Glas Sekt anstieß, um dann zur Pressekonferenz zu eilen. Gefreut hatte ihn vielmehr, dass zuvor bei nur einer Gegenstimme 408 Mitglieder für eine Reform der DOSB-Satzung votiert hatten. Von dieser Reform hatte Hörmann sogar seine erneute Kandidatur abhängig gemacht. Nur mit einer neuen Satzung wollte der Allgäuer weitermachen.
Kernstück der Reform ist die Umwandlung des bislang fünf-köpfigen hauptamtlichen Direktoriums um Generaldirektor Michael Vesper und den vier Direktoren Bernhard Schwank (Leistungssport), Thomas Arnold (Finanzen), Karin Fehres (Sportentwicklung) sowie Martin Schönwandt (Jugendsport) in einen geschäftsführenden Vorstand, der mit mehr Kompetenzen ausgestattet wird (siehe unten stehender Info-Kasten).
Das von Hörmann angeführte ehrenamtliche Präsidium wird künftig als eine Art Aufsichtsrat fungieren. Mit dem Beschluss der Mitgliederversammlung geht die rechtliche und wirtschaftliche Verantwortung des Verbandes (nach Paragraf 26 BGB) vom DOSB-Präsidium auf den Vorstand über.
Für Michael Vesper ist es „eine Sensation“, dass diese Reform mit so großer Mehrheit angenommen wurde. Tatsächlich war es auch für neutralere Beobachter bemerkenswert wie glatt die größte Änderung der Satzung seit Gründung des DOSB im Jahr 2006 durchgewunken wurde. Auch wenn die Delegierten noch kurz vor der Abstimmung durchgesetzt hatten, dass die Entlastung des Vorstands nicht dem Präsidium obliegt – wie es die ursprüngliche Fassung der neuen DOSB-Satzung vorsah – sondern der Mitgliederversammlung. Das war zu verkraften und diente dem basisdemokratischen Grundgedanken des Dachverbands.Vesper konnte sich daher mit Recht freuen und sagte: „Hätte mir vorher jemand gesagt, dass wir das innerhalb von nur sechs, sieben Monaten durchziehen, hätte ich ihm das nicht geglaubt.“
Tatsächlich musste durchaus eine Menge Überzeugungsarbeit in den vielen Mitgliedsorganisationen des DOSB geleistet werden. Hörmann hatte im vergangenen dreiviertel Jahr ein Mammutprogramm abgespult, um für sein erstes großes Ziel, die Reform der Satzung, zu werben. „Hunderttausende Kilometer“ habe er hinter sich gelegt, um den deutschen Sport seit seiner Wahl im Dezember 2013 an seiner Basis kennen zu lernen. Und um zu analysieren, wo es hakt.
Schnell war Hörmann klar: Es muss sich etwas ändern. Etwa bei der Förderung des Spitzensports. Die nun beschlossene Satzungsreform ist und kann auf diesem Weg daher nur ein erster Schritt bei der Neuausrichtung des DOSB sein.
Nicht mehr jeden Vertrag abzeichnen
Durch die Übertragung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verantwortung auf den neuen DOSB-Vorstand muss das Präsidium um Hörmann künftig nicht mehr jeden Vertrag in Augenschein nehmen und gegenzeichnen. Es bleibt mehr Zeit für andere Dinge, wie etwa „die sportpolitisch-strategische Ausrichtung des DOSB“ wie es in Paragraf 18 bei den Aufgaben des Präsidiums in der neuen Satzung nun geschrieben steht.
Das ist deutlich konkreter formuliert als es noch in der alten Version der Satzung der Fall war. Dort stand als Aufgabe des Präsidiums noch etwas von der „Entscheidung in allen Angelegenheiten, soweit sie die Satzung nicht der Mitgliederversammlung oder einem anderen Gremium zuweist“. Eine Formulierung, die durch ihre Ungenauigkeit viel Spielraum für unterschiedliche Auslegungen bei der Aufgabenverteilung eröffnet hatte.
In der neuen Satzung ist im Paragrafen 18 unter a) wie „Entscheidungen zur sportpolitischen-strategischen Ausrichtung“ bis t) wie „Beauftragung von Wirtschaftsprüfern“ nun viel detaillierter aufgeführt, welche Aufgaben dem Präsidium zukommen – und welche nicht. Dadurch ist die Trennung der Aufgaben zwischen dem hauptamtlichen Vorstand und dem ehrenamtlichen Präsidium deutlich klarer festgeschrieben – was wiederum hilft, Zeit und Ressourcen zu sparen. Vesper und seine Vorstandskollegen müssen künftig nicht mehr ständig Rücksprache halten. Sie können bei deutlich mehr Dingen selbst und dadurch schneller entscheiden.
Weniger Proporz
Zeit gespart werden soll beim DOSB auch durch eine andere Neuerung: Bislang gab es die beiden Präsidialausschüsse „Leistungssport“ und „Breitensport/Sportentwicklung“, die dem Präsidium beratend zur Seite standen.
Ratgeber in der Sache sind an sich ja gut, das Problem war aber, dass es per Satzung vorgegeben war, wie viele Vertreter von welchen Mitgliedsorganisationen des DOSB in diese Ausschüsse berufen werden müssen. Zum Beispiel vier Vertreter der olympischen Spitzensportverbände oder zwei Vertreter der Landessportbünde. Diese viel zu formalisierte und am Proporz-Gedanken orientierte Zusammenstellung gibt es fortan nicht mehr.
Die Präsidialausschüsse heißen künftig Beiräte und können vom Präsidium zur Beratung „auf dem Gebiet von Konzeptionen und grundlegenden Stellungnahmen zu sportpolitischen und fachlichen Fragen sowie bei der Entwicklung strategischer Leitlinien“ eingesetzt werden. Vorher gehörten die beratenden Präsidialausschüsse zwingend dazu, nun kann es beratende Beiräte geben – muss es aber nicht. Wie viele Personen in diesem Ratgeber-Gremium sitzen, ist auch nicht mehr vorgegeben.
Vorteil für den DOSB-Präsidenten: Hörmann muss nicht mehr darauf Rücksicht nehmen, ob auch ja genügend Vertreter etwa von den Spitzensportverbände in den Beiräten mit von der Partie sind. Stattdessen kann es mehr darum gehen, wer bei der Lösung eines Problems wirklich hilfreich sein kann. Mehr Kompetenz, Erfahrung und Flexibilität, statt starrer Regeln.
Auch die fix per Satzung zur Beratung des Direktoriums zu bildenden Beiräte „Leistungssportentwicklung“, „Sportentwicklung“, „Bildung und Olympische Erziehung“ und „Wirtschaft“ wurden gestrichen. Stattdessen kann der Vorstand ab sofort Kommissionen zu bestimmten Themen berufen. Muss er aber, wie bei den Beiräten, nicht mehr.
Baustelle Spitzensportförderung
Zumindest rein formal wurden also Gremien abgeschafft, die durch ihre formalisierte Zusammenstellung Zeit und Flexibilität gekostet haben. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob das Gemurre nicht zu groß wird, wenn einige Mitglieder der DOSB-Familie plötzlich nicht mehr zur Beratung des DOSB-Präsidiums herangezogen werden.
So zielorientiert wie Hörmann bislang sein Amt ausfüllte, dürfte ihn interne Kritik aber nicht weiter beirren. Denn der Allgäuer weiß: Es bleibt noch viel zu tun, da sind ein paar Befindlichkeiten wegen des Wegfalls von Ämtern nur eine Randnotiz.
Neben dem wachsenden Problem des Verfalls der Sportinfrastruktur (laut des DOSB gibt es einen Sanierungsstau in Höhe von mehr als 42 Milliarden Euro in den deutschlandweit mehr als 230 000 Sportstätten), dem Rückgang der Anzahl von Vereinsmitgliedern (gegenüber 2013 zählte der DOSB im Jahr 2014 rund 217 000 Mitglieder weniger) ist insbesondere die Optimierung der Förderung des Spitzensports ein Thema, das der DOSB dringend angehen muss.
Auch weil die Politik und damit der größte Geldgeber dies inzwischen vehement öffentlich fordert. Bundesinnenminister Thomas de Maiziére rief in Dresden den Mitgliedern des DOSB unmissverständlich zu, dass weitere Reformen nötig seien. Schließlich stehe der deutsche Sport, was die Leistungsfähigkeit betreffe, mittlerweile „am Scheideweg“.
Ab Januar will Hörmann, der sich in Dresden mit dem 35-jährigen Judo-Olympiasieger Ole Bischof einen neuen Vizepräsidenten Leistungssport an seine Seite hat wählen lassen, daher die Überarbeitung des System der Spitzensportförderung angehen. Eines der größten und kompliziertesten Probleme des deutschen Sports. Die durch die beschlossene Satzungsreform gewonnenen Ressourcen an Zeit und Kraft durch weniger Tagesgeschäft und weniger Proporz-Gremien kann Hörmann dabei gut gebrauchen.
Zudem dürften auf die jüngste Änderung der Satzung weitere folgen oder sich zumindest aufdrängen. Niessen vom Landessportbund NRW hat diese Erfahrung gemacht, nachdem der LSB NRW sich schon Jahre vor dem DOSB eine ähnliche Satzung mitsamt Übertragung der BGB-Verantwortung auf den Vorstand gegeben hatte. „Wir haben die Satzung innerhalb von sechs Jahren fünfmal verändert“, berichtet Niessen.
Weiteren Neuerungen will sich auch Hörmann nicht verschließen. So sei zum Beispiel schon jetzt diskutiert worden, die Zuteilung der Präsidiumsmitglieder zu bestimmten Themen abzuschaffen. In anderen Aufsichtsräten gebe es solch eine Zuteilung schließlich ebenfalls nicht. Daraus wurde aber vorerst nichts. Die 19 Olympiastützpunkte und ihre seltsam autarke Stellung zum DOSB sind eine weitere Baustelle.
Hörmann weiß: Der beschlossenen Reform der Satzung müssen weitere Schritte folgen. Und die werden nicht einfacher.
Zur Info:
Mehr Verantwortung für Vesper
Mit dem Beschluss der Mitgliederversammlung am 6. Dezember 2014 hat der DOSB eine neue Satzung. Wichtigste Neuerung ist der Übergang der rechtlichen und wirtschaftlichen Verantwortung nach Paragraf 26 BGB vom Präsidium auf den Vorstand (vorher Direktorium genannt) mit Michael Vesper als Vorsitzenden. Der Vorstand verfügt mit der Satzungsreform über mehr Entscheidungskompetenz als das vorherige Direktorium. Beispielsweise können nun Verträge bis zu einem Gesamtvolumen von 250 000 Euro ohne Absprache mit dem Präsidium abgeschlossen werden. Der Vorstand vertritt zudem den DOSB in sämtlichen Rechtsstreitigkeiten und benötigt eine Genehmigung vom Präsidium für eine Erhebung von Klagen oder zum Abschluss von Vergleichen erst ab einem Streitwert von 100 000 Euro.
* Dieser Text wurde in leicht modifizierter Version im Fachmagazin SPONSORs veröffentlicht.
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