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IOC-Reform: Kürzere Amtszeiten, Wahlausschuss und Fokus auf Sportler
Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat unter seinem neuen Präsidenten Thomas Bach die Öffentlichkeit zu Vorschlägen für die geplanten Reformen aufgerufen. Den 14 gebildeten Arbeitsgruppen des IOC sollten sich ins Zeug legen, denn es gibt viel zu tun; unter anderem bei der Zusammenstellung der rund 100 IOC-Mitglieder.
Ausgangslage: Die Zusammensetzung des IOC ist in verschiedener Weise reglementiert. So ist die Anzahl der aktiven Sportler oder die Anzahl der Personen, die ein leitendes Amt in einer anderen internationalen Sportorganisation bekleiden, jeweils auf 15 beschränkt. Das Vorschlagsrecht für Kandidaturen liegt ausschließlich beim Executive Board, das sich von einer Nominierungskommission beraten lässt. Diese sogenannte Selbstkooptierung wird jedoch gemeinhin kritisch bewertet.
Noch mehr Athleten in die Gremien
Das Großreinemachen nach dem Korruptionsskandal von Salt Lake City wirkte sich auch auf die Zusammensetzung des IOC aus: Die Aufnahme einer 15-köpfigen Fraktion von aktiven Sportlern und die Senkung der Altersgrenze von neuen IOC-Mitgliedern von 80 auf 70 Jahren hat zu einer Verjüngungskur geführt. Beibehalten wurde aber die für unser demokratisches Bewusstsein schwer akzeptierbare Selbstrekrutierung: IOC-Mitglied lässt sich nur auf eine Art werden, man muss von anderen IOC-Mitgliedern vorgeschlagen und dann gewählt werden. Schafft man das, ist man für acht Jahre Mitglied. Anschließende Wiederwahlen sind möglich, allerdings ist wie gesagt mit 70 Jahren Schluss. Doch es gibt Ausnahmen: Wer vor 1999 aufgenommen wurde – und das sind immerhin 48 der aktuell 106 Mitglieder – , darf bis zum 80. Geburtstag bleiben.
Das Problem: Noch zu viele Mitglieder sind im IOC aufgrund von persönlichen Beziehungen oder weil sie in einem der internationalen Sportfachverbände sitzen. Noch gibt es zu wenig unabhängige Mitglieder wie zum Beispiel Athletenvertreter oder ein paar Sportmanager, die nicht Fachverbänden angehören, die aber wie die Athleten nicht zu stark in ihren Interessen gefangen sind. Zwar wurde mit der Reform 1999 die Zutrittsbarrieren zum IOC gesenkt und auch einen gewissen Wettbewerb um die Mitgliedschaft iniziiert – zwölf Vertreter der Athletenkommission werden von den Teilnehmern an den Olympischen Spielen für acht Jahre ins IOC gewählt.
Doch spricht einiges dafür den Einfluss der Athleten weiter zu erhöhen. Schließlich sind sie es, die das Produkt „sportliche Höchstleistungen“ einbringen. Daher macht es nur Sinn, deren Bedürfnisse noch mehr in Mittelpunkt zu stellen. Würde den Ansprüchen der Athleten Priorität bei der Vergabe der Spiele eingeräumt – wie es eigentlich auch die Olympische Charta vorsieht – kann davon ausgegangen werden, dass politische Überlegungen, etwa die Berücksichtigung eines Kontinentalproporzes oder die Förderung bestimmter Länder oder Regionen, nur noch eingeschränkt eine Rolle spielen.
Amtszeiten verkürzen, Wahlausschuss mit Externen einführen
Überlegenswert wäre zudem, die Amtszeiten zu verkürzen und die Einführung eines Wahlausschusses, der aus einem Querschnitt des internationalen Sports, der TV-Sender und der Sponsoren besteht. Dadurch würde der Anreiz gesteigert, das mit Privilegien und Machtressourcen ausgestattete Amt mithilfe von vorbildlichem Verhalten zu behalten – wenn man nach zwei Jahren bereits wiedergewählt werden muss, wirkt die Gefahr der Abwahl wegen ungebührlichen Verhaltens deutlich größer.
Kürzere Amtszeiten korrespondieren mit dem allgemein kurzen Erinnerungshorizont der Vertretenen und wirken so disziplinierend auf die Vertreter. Sie können tendenziell weniger damit rechnen, dass für opportunistisches Verhalten zu Beginn der Amtsperiode beim Wiederwahltermin keine Sanktionierung erfolgt.
Zeitversetzte Wahlen
Alternativ zu einer Verkürzung der Amtszeit sind auch zeitlich versetzte Wahlen denkbar. Mit einer längeren Amtsperiode möglicherweise verbundene Effizienzvorteile könnten so bestehen bleiben. Trotzdem stünde die Zusammensetzung des IOC in kürzeren Abständen zumindest teilweise zur Disposition.
Mit einer derartigen Kompromisslösung wären vor allem zwei Vorteile verbunden: Zum einen würde den Stakeholdern in kürzeren Abständen die Gelegenheit zur Sanktionierung der olympischen Entscheidungsträger gegeben. Zum anderen ließen sich durch den häufigeren Wechsel der Zusammensetzung abgesprochenes Verhalten und Geschäfte, die auf gegenseitige Gefälligkeiten abzielen, erschweren.
(Dieser Text ist in einer etwas kürzeren Fassung in der aktuellen Juni-Ausgabe des Fachmagazins SPONSORs zu lesen als Teil eines mehrseitigen Artikels, den ich zusammen mit Kathrin Hartmann geschrieben habe.)
(Bildquelle: Wolfgang Dirscherl / pixelio.de)
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