- Back Home
- Sportpolitik
- IOC-Reform: Transparente Geldströme, bessere Strafen
IOC-Reform: Transparente Geldströme, bessere Strafen
In der Mai-Ausgabe hat sich das Magazin SPONSORs bereits in die Diskussion eingebracht und Vorschläge formuliert, wie das IOC mit mehr Glaubwürdigkeit und Bescheidenheit seine wankende Position innerhalb des Weltsports wieder stärken kann und warum dafür eine Modernisierung des olympischen Sportprogramms zwingend erforderlich ist. Ich habe mich ebenfalls mit ein paar der Baustellen des IOC auseinandergesetzt.
Dabei geht es weniger um die Formulierung ausgefeilter Lösungsideen als darum, Denkanstöße zu geben. Zunächst kurz zum Status quo:
Nicht nur der Bestechungsskandal um die Vergabe der Olympischen Spiele in Salt Lake City 2002 hat dem Image des IOC schweren geschadet. Immer wieder tauchten auch bei späteren Vergaben Gerüchte und Beweise zu korruptem Verhalten einzelner IOC-Mitgliedern auf. Vor allem in westlichen Gesellschaften wird dem IOC aktuell mit großer Skepsis begegnet. Zu uneinsehbar wirken die Entscheidungsprozesse, zu intransparent die Geldströme.
Strafen für die Bewerber
Zwar hatte das IOC bereits 1999 auf den Bestechungsskandal zur Vergabe der Spiele nach Salt Lake City mit einer Reform reagiert und unter anderem eine Ethik-Kommision eingeführt, die über das Verhalten der IOC-Mitglieder wachen soll. Als das erhoffte Wundermittel gegen die Krankheit Korruption stellten sich die Maßnahmen jedoch nicht heraus. Weitere Skandale zeigten, der Patient IOC krankt weiter; die prinzipiellen Anreizmechanismen wurden trotz der weitreichenden Änderungen durch die IOC-Reform nicht grundlegend verändert. Zwar hat sich das Gewicht tendenziell von den einfachen Mitgliedern hin zur IOC-Führung und den Fachkommissionen verschoben, die grundsätzlichen Optionen „Verkauf der Stimme“ oder „Durchsetzung persönlicher Zielvorstellungen“ sind jedoch weiterhin gegeben.
Für das IOC ist dieses Problem nicht alleine durch die Erhöhung von Strafen lösbar, weil dadurch letztlich nur die Preise für Korruption erhöht werden.Bestraft werden müssen vielmehr die Bestechenden. Zum Beispiel wenn Städte, deren Abgesandte Bestechungsversuche unternommen haben, von zukünftigen Vergabeprozessen ausgeschlossen werden.
Geldströme offen legen
Bei der Volksabstimmung zu einer Bewerbung um die Olympischen Winterspiele 2022 hatten sich die befragten bayerischen Bürger vor allem aus drei Gründen dagegen entschieden: Winterspiele seien generell ein ökologischer Unsinn, die Einheimischen würden auf den Kosten sitzen bleiben und das IOC mache sich die Taschen voll. Zu dieser Kernkritik wirkte das Agieren der Olympia-Befürworter wie ein laues Lüftchen gegen den emotionalen Sturm der Olympia-Gegner. Einzelne Interviews, in denen etwa der Generalsekretär des DOSB, Michael Vesper, erklärte, es gebe keine Knebelverträge und das IOC würde nur 10 Prozent der Einnahmen behalten, 90 Prozent gingen an die NOKs, das OK und die Internationalen Sportfachverbände, verfingen sich zu wenig in den Ohren der Einheimischen.
Tatsächlich kann die vom IOC postulierte Behauptung der Einnahmen-Teilung zu einem regelmäßigen Verhältnis von 90 zu 10 auch bei gründlichem Studium der auf der IOC-Homepage veröffentlichten Unterlagen nicht nachvollzogen werden. Welcher Fachverband, was im Detail vom IOC erhalten hat, ist zum Beispiel nicht ersichtlich.
Es wäre eine Transparenz und Vertrauen schaffende Maßnahme erster Güte, alle Geldströme zu veröffentlichen. Und weit wichtiger: Die Offenlegung der Zahlen müsste offensiv verbreitet werden, mit einer durchdachten Kommunikationsstrategie. Etwa mit anschaulichen Beispielen, an denen sich zeigen lässt, was das IOC mithilfe der exorbitanten Erlössteigerung der vergangenen Jahrzehnte in der Praxis Gutes tun konnte.
Rechenschaftspflicht für die IOC-Funktionäre
Wie eine stetig eiternde offene Wunde wirkt sich auch das Abstimmen im Geheimen für das Ansehen des IOC in der kritischen westlichen Öffentlichkeit aus. Allein dass aufgrund der geheimen Abstimmungen nicht nachvollzogen werden kann, warum zum Beispiel Peking oder Sotchi den Zuschlag für die Ausrichtung der Olympischen Spiele erhalten haben, gibt zu viel Futter für Spekulationen.
Warum werden nicht die Gründe für den Zuschlag im Detail genannt? Jedes IOC-Mitglied könnte doch eine Begründung für seine Wahl mitliefern. Mit Namen. Dann gebe es wenigstens offizielle Gründe, warum auch mal gegen die Einschätzung der Evaluierungskommission abgestimmt wurde.
Auch wenn die dann gegebenen offiziellen Gründe nicht unbedingt den tatsächlichen Ausschlag gegeben haben müssen, sie würden wenigstens irgendeine nachvollziehbare offizielle Begründung liefern. An denen sich dann die Kritiker abarbeiten könnten. Und vielleicht würde es sogar den Anreiz zur Bestechlichkeit verringern.
Alternativ kursiert seit Jahren eine Idee, die zunächst undenkbar anmutet, aber einiges für sich hat: Nachdem die fähigsten Bewerberstädte um die Austragung der Olympischen Spiele durch die Evaluierungskommission ausgesiebt worden sind, könnte man die Vergabe verlosen. Für die Winterspiele 2022 hieße das: Die Namen der Bewerber Krakau, Almaty, Lemberg, Oslo und Peking in eine Lostrommel und eine hübsch anzuschauende Glücksfee zieht den glücklichen Gewinner. Das leidige Überbieten mit immer prächtigeren Sportstätten wäre damit ebenso obsolet wie ein Korruption herbeiführendes Bemühen um die IOC-Mitglieder.
Die Vergaben sind wohlgemerkt nur eine Baustelle. Insgesamt könnte mehr Nachvollziehbarkeit hinsichtlich der Entscheidungen des IOC helfen. So war die Warnung an fünf Olympische Verbände, wie etwa Ringen, als Kernsportarten aus dem Programm zu fallen, ebenfalls schwer nachvollziehen. Noch heute ist von Sportverbänden zu hören, dass sie zu wenig wissen, ob ihre Sportart von dem IOC evaluiert wird und wie die Faktenlage aussieht. Auch hier würde ein stärkerer Austausch und mehr Transparenz zu mehr gegenseitigem Verständnis führen. Dass eben tatsächlich aufgrund von evaluierten Fakten gegen diese oder jene Sportart entschieden wurde und nicht so sehr aufgrund subjektiver oder persönlicher Beziehungen.
(Dieser Text ist in einer kürzeren Fassung als Teil eines mehrseitigen Artikels, den ich zusammen mit Kathrin Hartmann geschrieben habe, in der aktuellen Juni-Ausgabe des Fachmagazins SPONSORs zu lesen.)
(Bildquelle: Petra Bork / pixelio.de)
Noch keine Kommentare