Olympia-Kritiker empört über Transparency International

Eigentlich wollte der DOSB mit einer heute in München stattfindenen Gesprächsrunde für die Bewerbung um die Olympischen Spiele 2022 werben. Unterstützt von Transparency International sollte ein Dialog auch mit den Kritikern der Bewerbung hergestellt werden. Der Plan droht nicht ganz aufzugehen: Ein Teil der Olympia-Kritiker wird der Veranstaltung fern bleiben und zeigt sich verärgert über die Nichtregierungsorganisation.

Diesmal will es der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) anders anpacken als noch bei der Bewerbung um die Winterspiele 2018. Mit mehr Transparenz und mehr Dialog sollen diesmal Bevölkerung und Interessengruppen dazu beitragen, dass der Rückhalt für die Bewerbung um die Winterspiele 2022 spürbar größer ist als bei der letztlich erfolglosen Bewerbung vor zwei Jahren. Zumal am 10. November erst noch vier Bürgerentscheide bestanden werden müssen, damit es überhaupt zu einer Bewerbung kommen kann. Ein Schritt auf diesem Weg soll heute mit einer Dialogveranstaltung in der Münchener Olympiahalle getan werden, zu der der DOSB eingeladen hat. Offiziell heißt es dazu, es kämen „Vertreter verschiedenster Institutionen aus Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Politik, sowohl Befürworter als auch Kritiker der Bewerbung für die Olympischen und Paralympischen Spiele 2022 in München, Garmisch-Partenkirchen und den Landkreisen Traunstein und Berchtesgaden zusammen“.

Hinzu will der DOSB die Zusammenarbeit mit Transparency International (TI) Deutschland bekannt geben und so seinen Willen zu mehr Transparenz mehr Nachdruck verleihen. TI-Sportexpertin Sylvia Schenk wird dafür aus Frankfurt anreisen und berichten, dass es bereits in diesem Frühjahr erste Gespräche zwischen DOSB und der Nichtregierungsorganisation gegeben hat. Transparency hat ein Positionspapier entworfen, auf dem sie skizziert wie eine transparente Olympiabewerbung auszusehen habe. Laut Schenk hat sich der DOSB mit den Eckpunkten der Forderungen einverstanden erklärt und will sie bei der geplanten Bewerbung um die Olympischen Spiele 2022 umsetzen. Das betreffe unter anderem auch die Finanzströme soweit das möglich ist, ohne Geschäftsinterssen beteiligter Unternehmen zu verletzen.

Und weiter: „Diesmal soll die Bevölkerung sowie einzelne Interessengruppen auch systematischer einbezogen und besser informiert werden. Es geht um Transparenz etwa bei den Planungen und der Nachnutzung. Außerdem soll die Bewerbungskampagne einwandfrei ablaufen, Lobbytätigkeiten begrenzt und Interessenkonflikte von verantwortlichen Personen vermieden werden.“

Das hört sich alles gut an, nur überzeugt es Kritiker wie Axel Doering vom „Bündnis Nolympia“ nicht. Im Gegenteil: „Es hat sich doch nichts im Wesentlichen geändert gegenüber der Bewerbung um die Winterspiele 2018“, sagt Doering und nennt auch gleich einen Hauptgrund: Der Host-City-Vertrag, die das Internationale Olympische Komitee (IOC) mit dem Ausrichter abschließt, sei ein Knebelvertrag. Bis zuletzt könne das IOC alle Richtlinien, auch alle Zahlungsvorgaben einseitig ändern. Auch die Haftung für finanzielle Einbußen müsse allein der Ausrichter übernehmen.

Olympia-Kritiker greift Sylvia Schenk an

Das alles, meint Doering, müsste Sylvia Schenk ebenfalls wissen. Daher wundert sich der Garmisch-Partenkirchener, dass sie sich vom „DOSB einspannen lässt. Ich kann das überhaupt nicht nachvollziehen.“

Spricht man den Leistungssportdirektor des DOSB, Bernhard Schwank, auf diese Kritik an, hält dieser dagegen: „Da scheint Herr Doering falsch informiert zu sein. Die Verträge mit dem IOC werden verhandelt und können danach nicht einseitig verändert werden.“

Und es sei zwar richtig, dass das Organisationskomitee (OK) mit seinem Budget auskommen und eventuelle Verluste selbst tragen müsse, aber London 2012 habe gezeigt, dass man als OK unterm Strich auch mit einem Plus rausgehen kann. Tatsächlich geht aus dem offiziellen Finanzbericht des Londoner Organisationskomitees hervor, dass sie die Olympischen Spiele 2012 mit einem Gewinn von rund 30 Millionen Pfund abschließen konnten. „Wir werden ebenfalls alles daran setzen, dass wir seriös wirtschaften“, betont der DOSB-Vertreter.

Schwank zufolge würde zudem das IOC mit einem Betrag im dreistelligen Millionenbereich in die Mitfinanzierung gehen und nur einen kleinen Teil der Gewinne für sich beanspruchen. 20 Prozent würden beim Nationalen Olympischen Komitee verbleiben, in diesem Fall ist das der DOSB, 60 Porzent beim OK und nur 20 Prozent fließen an das IOC, wovon wiederum ein Großteil zur Sportentwicklung an die Mitgliedsverbände des IOC ausgeschüttet würden.

Schenk: „Könnten der Sportwelt einen Impuls geben“

Die Sportbeauftragte von Transparency International begründet ihre Unterstützung so: Es sei ein Irrglaube, dass es eine gute Lösung wäre, wenn sich Deutschland nicht um die Olympischen Spiele 2022 bewerben würde. „Dann würden die Spiele stattdessen eben woanders stattfinden, wo im Zweifel weit weniger Wert auf Transparenz und Nachhaltigkeit gelegt wird“, so Schenk.

Daher plädiert die ehemalige Leichtathletin für die Bewerbung Münchens. „Deutschland könnte der globalen Sportwelt einen Impuls geben, dass Sportgroßveranstaltungen wie die Olympischen Spiele auch ohne Gigantismus, zumindest mit weit weniger Neuinvestitionen ausgerichtet werden kann. München könnte ein Vorbild in puncto Transparenz und finanzielle sowie ökologische Nachhaltigkeit sein.“

Auch diese Worte verwundern Olympia-Kritiker Doering: „Das mag ja sein, nur sind bislang immer die tatsächlichen Kosten weit über das veranschlagte Budget gestiegen. Und die Einheimischen der Ausrichterorte müssen mit exorbitant steigenden Mietpreisen und Lebenshaltungskosten kämpfen.“ Für den Umweltschützer ist zudem klar: „Olympische Winterspiele können aus ökologischer Sicht nicht nachhaltig sein.“

Auch hierzu kann DOSB-Mann Schwank eine Reihe von Gegenargumenten vorbringen: Die Eingriffe in die Natur seien für solch ein Großereignis extrem minimal. Zwar würden beispielsweise durch die Olympischen Spiele bestimmte Fläche dauerhaft versiegelt. „Diese sind jedoch kleiner als ein halbes Fußballfeld.“

Und dass durch die Winterspiele die Mietpreise steigen würden, sei eine Behauptung, die er nicht nachvollziehen könne. So würde das Olympiadorf in München nach den Spielen zu Wohnungen umgebaut, berichtet Schwank. „Und in Garmisch werden für die Olympischen Spiele keine permanenten Bauten errichtet.“ Gegenüber der Bewerbung von vor zwei Jahren sehen die Pläne 40 Prozent weniger Bauten in Garmisch vor, die alle nur temporär errichtet werden würden, so Schwank.

Olympia-Kritiker nicht dialogbereit

Nolympia-Vertreter Doering werden all diese Argumente wohl nicht mehr überzeugen können. Er wird heute bei dem Termin in der Münchener Olympiahalle auch nicht erscheinen – er wurde gar nicht eingeladen, sagt Doering und verschweigt dabei, dass sein Kollege Christian Hierneis eingeladen wurde, jedoch gestern abgesagt hat. Und dann sagt Doering einen Satz, der aufdeckt wie wenig dialogbereit er ist: „Selbst wenn man mich eingeladen hätte, würde ich nicht anreisen.“ Allein der Termin sei eine Frechheit. „Ich weiß nicht wie sich Herr Vesper das vorstellt, die Leute können doch nicht während ihrer Arbeitszeit nach München reinfahren. Oder sollen die sich alle dafür extra Urlaub nehmen?“, fragt Doering in die Richtung von DOSB-Generalsekretär Michael Vesper.

DOSB-Funktionär Schwank bedauert, dass heute niemand vom Bündnis Nolympia zu der Veranstaltung kommt. „Wir würden gern mit jeder Interessensgruppe offen und transparent einen Dialog führen. Auch mit den Kritikern. Und das meinen wir auch so.“

 (Bildquelle: Robert Köhn / pixelio.de /bearbeitet von T. Kuske)

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